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Unsere Gesellschaft wird zunehmend durch Technik geprägt. Sowohl im privaten als auch im beruflichen Kontext nimmt die Notwendigkeit von Technikverständnis und insbesondere von IT-Kompetenz rasant zu. Wo früher Kleingeld in eine Parkuhr geworfen wurde, installiert man sich heute ad-hoc die jeweilige Park-App, lokalisiert den Standort mit GPS und bezahlt bargeldlos über Zahlungsverkehrsdientleister wie z.B. Paypal. End User dieses alltäglichen Beispiels sind weiblich, divers oder männlich – also warum ist offenbar die Mehrheit der Entwickler solcher und anderer technischer Systeme überwiegend männlich? Sicherlich ist dies auch der kulturellen Entwicklung in den verschiedenen Ländern geschuldet. Laut einer Studie der TU Wien dominiert insbesondere im mitteleuropäischen und US-amerikanischen Raum der Stereotyp des männlichen „Technik-Nerds“. Hingegen sind ca. 40% der Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik (MINT)- Absolventen in Algerien oder Tunesien weiblich. Deutschland schafft es laut Bundesagentur für Arbeit dagegen nur auf ca. 30% Frauenanteil an akademischen Nachwuchskräften. Zwar steigt bundesweit der Anteil von Frauen als Beschäftigte in MINT-Berufen gemessen zwischen 2013 und 2018 um 16% stetig an, dieser liegt aber weit unter dem der männlichen Kollegen. Zudem gibt es auch große regionale Unterschiede zwischen den Bundesländern.
Die von vielen Unternehmen (als Alibi) beworbene Gender-Diversität, spiegelt sich offenbar nicht am Ausbildungsmarkt wieder. Fehlende flexible Arbeitszeitmodelle oder geschlechterspezifische Vorurteile in MINT-Berufen machen diese Branchen weiterhin weniger attraktiv für weibliche Nachwuchskräfte. Dabei ist Vielfalt ein wesentlicher Erfolgsfaktor in Unternehmen. Diese Diversität betrifft nicht nur Geschlechter sondern auch Kulturen, und sollte vorranging nicht als öffentlichkeits-wirksame PR-Maßnahme proklamiert werden, sondern von Unternehmen aktiv gelebt werden. Renommierte Kulturforscher wie Hofstede und Trompenaars beschreiben ausführlich die Herausforderungen aber auch damit verbundene Vorteile von Diversität in globalen Unternehmen. Die Schwarmintelligenz von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern aus verschiedenen Ländern und Kulturen bilden einen unerschöpflichen Wissenspool, welcher komplexe Aufgabenstellungen aus vielen Perspektiven analysiert und löst. Wenn dieser Vorteil auf der Hand liegt, warum scheint es dann so schwierig ausgeglichene Ressourcen an Geschlechtern in Unternehmen zu beschäftigen?
Die Notwendigkeit von Frauenquoten in Unternehmen wird kontrovers diskutiert. Vielmehr stellt sich aber die Frage warum wir diese Diskussionen überhaupt führen müssen. Stipendien für Frauen in MINT-Fächern, Initiativen zur Vernetzung von Frauen und Girls‘ Days sind einige von vielen sinnvollen Maßnahmen um ein Gleichgewicht herzustellen und Potentiale zu nutzen. Fast könnte man denken technische Berufe werden Frauen aufgezwungen. Die Entscheidung für eine technische Karriere sollte allerdings Jeder oder Jede aus individuellem Interesse und Begabung heraus treffen – unabhängig ob, Frau, Divers oder Mann.
Anja Wanninger / Tim Holzapfel